Welt der Wunder

Jeden Lügner in 60 Sekunden entlarven: So geht's!

Ein unscheinbares Blinzeln, ein kurzes Stocken des Atems, der Kopf wenige Millimeter vorgebeugt – ohne es zu merken, senden wir jede Sekunde Signale aus, die unsere Gefühle verraten. Wer weiß, wie sie entstehen und wie man sie entschlüsseln kann, erkennt die wahren Absichten eines Menschen und entlarve jeden Lügner ganz einfach.

Mann und sein Schatten
Lügner entlarven wie ein Profi (Themenbild) Foto: iStock/SIphotography
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Die Karten lügen nicht. Eine Sieben und ein Bube. Statistisch gesehen liegen die Siegchancen mit diesem Blatt bei gerade einmal 5,7 Prozent. Gus Hansen weiß das. Er wartet exakt drei Sekunden und geht dann "All in". Der Däne gehört seit 15 Jahren zu den besten Pokerspielern der Welt – und gewinnt an einem guten Abend mehr als 90 Prozent seiner gespielten "Hände" – egal, ob mit oder ohne Bluffen.

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Allein diese Informationen reichen aus, um den Puls seiner Gegner in die Höhe schießen zu lassen. Joe Navarro jedoch sitzt ihm gegenüber und lächelt. Er vertraut nur auf das, was er sieht. Der 64-Jährige interessiert sich weder für Statistik noch für die Karten – sondern nur für Hansen. Und das reicht. Ohne zu zögern kontert Navarro und setzt 60 000 Dollar. Der Bluff von Hansen ist aufgeflogen. Navarro gewinnt.

Lügner entlarven in 60 Sekunden

Was Gus Hansen nicht wusste: Joe Navarro war 25 Jahre lang Verhörspezialist des FBI, hat das Verhalten von mehr als 4.000 Verdächtigen analysiert. Tonlage, Fingeraktivität, Atemfrequenz – der Amerikaner erkennt mehr als 100.000 sogenannte Body Tells – Körpersignale, die etwas über die Gefühle eines Menschen verraten.

"Bei Hansen war es schwierig", gibt Navarro zu, "Profis wie er können bis zu 90 Prozent der Körpersignale unterdrücken. Zudem hatte ich nur drei Sekunden Zeit." Letztendlich konnte er sich auf die zehn Prozent der Signale verlassen, die kein Mensch auf der Welt verbergen kann. Aber welche Körpersignale gehören zu den Signalen, die wir unbemerkt aussenden? Was passiert dabei im Körper? Und wie können wir sie entschlüsseln?

"Der Ausgangspunkt für jedes unbewusste Körpersignal ist das limbische System in unserem Gehirn, das Gefühlszentrum", erklärt Navarro. Hier werden die Gefühle, die ein Mensch empfindet, umgewandelt und als Impulse an die Nerven weitergeleitet. Zwar können wir diese Reaktion des Körpers bewusst manipulieren oder abschwächen, vollkommen unterdrücken können wir sie jedoch nie. Gus Hansen haben zwei Signale verraten: der Atem und die Finger. "In dem Moment, als die Karte aufgedeckt wurde, setzte sein Atem für den Bruchteil einer Sekunde aus, und seine Finger krümmten sich zwei Zentimeter zum Handinneren", sagt Navarro. Beide Reaktionen stehen für Stress – und damit im Gegensatz zu Hansens scheinbar selbstbewusstem "All in"-Einsatz.

Körpersprache verstehen und deuten

Doch warum genau stockte Hansen der Atem? "Sobald ein Mensch in eine Stresssituation gerät, startet automatisch ein Notfallprogramm. Die Atmung wird hochgefahren, damit der Körper mehr Sauerstoff aufnehmen kann und der Mensch besser auf einen Kampf oder eine Flucht vorbereitet ist", erklärt Achim Peters, Mediziner der Universitätsklinik Lübeck. Profis wie Hansen spüren es, wenn dieser Mechanismus aktiviert wird, und versuchen, die höhere Atemfrequenz zu unterdrücken. Folge: Ihr Atem stockt für wenige Millisekunden.

Die gekrümmten Finger sind dagegen ein Körpersignal, das durch einen Reflex im Oberkörper entsteht. So ziehen Menschen, die unsicher sind, ihre Schultern hoch. Hansen hat zwar gelernt, das zu unterdrücken – der Reflex "wandert" dadurch jedoch zu einer anderen Region: in die Finger. Diese abgeschwächte Form sagt das Gleiche wie das gewöhnliche Schulterzucken: Ich fühle mich unsicher. Der Kommunikationswissenschaftler James Borg ist überzeugt: "95 Prozent der Informationen übertragen wir, ohne ein Wort zu wechseln."

Und ganz gleich, ob beim Pokern, während eines Verhörs oder bei Verhandlungen – die Körpersprache gibt immer mehr den Ausschlag. "In bestimmten Berufsfeldern werden wichtige Deals nur noch im Beisein von Körpersprache-Experten abgeschlossen", erklärt Joe Navarro, "Und das hat seinen guten Grund."

Wie erkennt man einen Lügner?

1. Warum fasse ich mir an die Nase, wenn ich Lüge?

Auslöser: Lügen

Kosequenz: 
26-mal pro Minute fasste sich Bill Clinton bei seiner Aussage zur Lewinsky-Affäre an die Nase. Körpersprache-Experten wussten sofort: Der US-Präsident lügt. Grund: "Wenn man lügt, wird das Gewebe in der Nase stärker durchblutet und schwillt an. Das führt zu Nasenjucken", erklärt der US-Neurologe Alan Hirsch.

2. Verrät die Zunge, ob ich erwischt wurde oder nicht?

Auslöser: Das Gefühl, nicht ertappt worden zu sein

Kosequenz:
Ganz gleich, ob beim Pokern, in einem FBI-Verhör oder bei Geschäftsverhandlungen – Menschen, die das Gefühl haben, mit etwas davongekommen zu sein, streichen mit ihrer Zunge für wenige Millisekunden über ihre Lippen. Grund dafür sind die trockenen Lippen, die durch die erhöhte Wachsamkeit bei jemandem entstehen, der etwas zu verheimlichen versucht.

3. Wie sitze ich, wenn ich unantastbar sein will?

Auslöser: Arroganz

Konsequenz:
Wer Dominanz demonstrieren und dem Gegenüber deutlich machen will, dass er in seiner Position unantastbar ist, lehnt sich zurück. Diese Sitzposition wirkt einschüchternd, wertet den anderen ab und vermittelt ein (unbegründetes) Überlegenheitsgefühl.

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4. Entlarvt meine Stirn, ob ich ein Heuchler bin?

Auslöser: Empathie und Besorgnis

Konsequenz:
"Wer wissen will, ob jemand tatsächlich mitfühlend ist oder dies nur vorspielt, muss auf die Stirn achten", erklärt der Körpersprache-Experte Bernhard P. Wirth. Jeder kann das bei einem Nachrichtensprecher beobachten: Wenn er wirklich von der Nachricht betroffen ist, bilden sich waagerechte Falten auf seiner Stirn. Ist er am Thema nicht interessiert, gibt es auch keine Falten.

5. Wohin zeigen meine Zehen, wenn ich mich freue?

Auslöser: Glücksempfinden

Kosequenz:
Ein Indiz dafür, dass sich jemand wirklich über eine Nachricht freut, sind seine Zehen. "Sie werden unterbewusst vom limbischen System gesteuert und zeigen nach oben, wenn jemand etwas Positives erfährt", sagt Joe Navarro.

6. Wo sind meine Hände, wenn ich mich unwohl fühle?

Auslöser: Unangenehme Situation

Konsequenz:
Berührt sich eine Frau in dem Bereich zwischen Hals und Ausschnitt, verrät sie dadurch, dass sie sich unwohl fühlt. Männer dagegen greifen sich in einer vergleichbaren Gefühlslage eher in den Nacken. Beide Reaktionen werden unterbewusst gesteuert und sollen für Ablenkung beziehungsweise für mehr Schutz sorgen.

7. Wie stehe ich, wenn ich dominant sein will?

Auslöser: Drohgebärden und Machtdemonstration

Konsequenzen:
Stemmt jemand die Arme in die Hüften, bedeutet das, dass er seine Dominanz ausbauen will. Er versucht, sich mit dieser Pose breiter zu machen, als er ist. Raumgreifende Gesten sind evolutionär bedingt und auch bei vielen Tieren zu beobachten.

8. Wohin wandern meine Pupillen, wenn ich lüge?

Auslöser: Lügen

Konsequenz:
Es sind nur 25 Millisekunden, doch es passiert: Wer eine Frage gestellt bekommt und bei der Antwort seine Pupillen nach oben bewegt (Sky eyes), der lügt. Der Mikroausdruck ist ein klares Indiz dafür, dass sich jemand etwas gerade ausdenkt und visuell im Raum nach Ideen sucht.

9. Warum stocks mein Atem, wenn ich gestresst bin?

Auslöser: Plötzlicher Stress, der unterdrück wird

Konsequenz:
In einer Stresssituation wird die Atmung hochgefahren, damit der Körper mehr Sauerstoff aufnehmen kann und so besser auf einen Kampf vorbereitet ist. "Profis, die sich nicht verraten wollen, spüren es, wenn dieser Mechanismus aktiviert wird, und versuchen, die höhere Atemfrequenz zu unterdrücken", sagt Joe Navarro. Folge: Ihr Atem stockt für wenige Millisekunden.

10. Wie stehe ich, wenn ich an die Zukunft denke?

Auslöser: Erinnern / Fantasieren

Konsequenz:
Forscher ließen 200 Studenten die Augen verbinden und statteten sie mit Sensoren aus. Dann baten sie die Probanden, sich an deren Alltag vor vier Jahren zu erinnern und sich danach deren Alltag in vier Jahren vorzustellen. Ergebnis: Im ersten Fall bewegten sich die Teilnehmer 2 mm nach hinten. Beim Gedanken an die Zukunft dagegen lehnten sie sich 3 mm nach vorne.

11. Zeigen meine Hände, wie unsicher ich mir bin?

Auslöser: Unterdrückte Unsicherheit

Konsequenz:
Ein Mensch, der unsicher ist, zieht automatisch seine Schultern hoch. Versucht er nun, dieses Körpersignal zu unterdrücken, "wandert" der Reflex vom Oberkörper zu den Fingern. Folge: Sie krümmen sich wenige Zentimeter zur Handfläche. Diese abgeschwächte Form des Schulterzuckens sagt das Gleiche aus wie das Schulterzucken: Der Mensch fühlt sich unsicher.

12. Was passiert mit den Augenbrauen bei Trauer?

Auslöser: Trauer

Konsequenz: 
Wenn jemand die Innenseiten seiner Augenbrauen hochzieht, verspürt er ehrliche Trauer. "Es ist ein Reflex, der vom Gefühlszentrum im Gehirn gesteuert wird, und ein sehr starkes und verlässliches Zeichen, da man es nicht manipulieren kann. In Kombination mit dem Hochziehen der Wangen wird dieses Trauersignal sogar noch deutlicher", sagt Paul Ekman.

13. Welches Lachen kommt nicht von Herzen?

Auslöser: Vorgetäuschtes Lachen

Konsequenz: 
Wann wird es ausgelöst? Beim vorgetäuschten Lachen. Was passiert mit dem Körper? Nur beim ehrlichen Lachen ziehen sich auch die Muskelpartien der Augen zusammen. Während das echte Lachen vom limbischen System aktiviert wird, entsteht das vorgetäuschte Lachen in der Großhirnrinde. Ersteres sorgt dafür, dass die Muskeln bis zu den Augen angespannt werden, die Großhirnrinde dagegen aktiviert nur die Muskeln der Mundwinkel und Wangen.

14. Verraten meine Augenlider, ob ich Angst habe?

Auslöser: Angsempfinden

Konsequenz:
Der Befehl zum sogenannten Eyeblocking wird vom Gehirn gegeben, sobald ein Mensch etwas sieht oder hört, das ihm Angst macht oder ihn an eine unangenehme Situation erinnert. Folge: Die Augenlider senken sich für einen kurzen Moment wenige Millimeter nach unten.

15. Fehlt mir der Überblick, wenn ich mir ans Ohr fasse?

Auslöser: Das Gefühl, zu wenig mitzubekommen

Konsequenz: 
Der Griff mit der Hand zum Ohrläppchen bedeutet: Ich will schärfer sehen. Grund: Am Ohrläppchen liegt der Akupunkturpunkt für die Augen, über den unbewusst das Sehvermögen stimuliert wird. Ein Reiben des Ohrläppchens signalisiert: Ich möchte einen besseren Überblick haben.

16. Verrät meine Körperhaltung, ob ich interessiert bin?

Auslöser: Interesse bzw. Desinteress

Konsequenz:
"Wenn jemand im Gespräch den Kopf nach links neigt, verrät das Skepsis und Zweifel. Ein nach rechts geneigter Kopf signalisiert dagegen Gesprächsbereitschaft. Eigene Interessen werden dabei vorübergehend in den Hintergrund gestellt", erklärt der Körpersprache-Experte Bernhard P. Wirth.

17. Verrät meine FIngerhaltung, wie überzeugt ich bin?

Auslöser: Das Gefühl von Selbstsicherheit

Konsequenz:
Legt ein Mensch seine Hände so zusammen, dass sich ausschließlich die gegenüberliegenden Fingerspitzen berühren (Merkel-Raute), ist er von seiner Idee beziehungsweise seinen Gefühlen sehr überzeugt. Die Handhaltung soll das unterstreichen.

18. Warum wippen meine Füße bei heimlicher Freude?

Auslöser: Unterdrückte Freude

Konsequenz:
"Das Bewegen der Füße gehört zu den verlässlichsten Körpersignalen", sagt Joe Navarro. Verspürt ein Mensch Freude, will sie aber nicht ausleben, bewegt er reflexartig die Füße. Um diesen Body Tell zu lesen, muss man jedoch nicht nach unten sehen, denn sobald ein Mensch mit den Füßen tippelt, "wippen" auch seine Schultern einige Zentimeter auf und ab.

19. Wie sitze ich, wenn ich eigentlich weg will?

Auslöser: Ungeduld bzw. Fluchtgedanke

Konsequenz:
Legt ein Mensch seine Hände auf die Knie, ist dies ein klares Signal, dass er gehen will. Grund: Diese Bewegung ist die erste körperliche Aktion, die gestartet wird, um aufzustehen. "Die Hände stützen sich auf die Knie, um das Gewicht des Oberkörpers nach oben zu hieven", erklärt Navarro.

20. Wie groß sind meine Schritte, wenn ich Angst habe?

Auslöser: Unentschlossenheit

Konsequenz:
An kleinen Schritten lassen sich häufig Angst und Vorsicht ablesen. So bewegt man sich in einer Situation, die einem noch nicht geheuer ist, und signalisiert Unschlüssigkeit, der man mit einem gewissen Unwohlsein begegnet. Auf jeden Fall wird das Bestreben deutlich, eventuellen Gefahren aus dem Weg zu gehen.

21. Werden die Lippen schmaler, wenn ich wütend bin?

Auslöser: Unterdrückte Wut / Angst

Konsequenz:
Zusammengepresste Lippen sind ein Indiz dafür, dass ein Mensch wütend oder ängstlich ist – es aber nicht zeigen will. Das Gehirn versucht automatisch, alle weiteren Einwirkungen vom Körper fernzuhalten, um sich nur auf die Information zu konzentrieren, die ihn in diese Lage gebracht hat. Das System schließt buchstäblich die Schotten, in diesem Fall den Mund.

22. Verraten meine Finger, wenn ich jemanden hasse?

Auslöser: Antipathie für das Gegenüber

Konsequenz:
In verschiedenen Studien fanden Körpersprache-Experten heraus: Sobald ein Mensch sein Gegenüber unsympathisch findet oder eine extreme Abneigung verspürt und ein Gegenstand vor ihm liegt, versucht er, den Gegenstand mit seinem Mittelfinger vorzuschieben.

23. Bewegt sich meine Nase, wenn mir etwas nicht gefällt?

Auslöser: Unzufriedenheit

Konsequenz: Sobald ein Mensch etwas erfährt, das ihm nicht gefällt, zieht er für wenige Millisekunden die Nasenflügel hoch. Wie das Eyeblocking gehört auch diese Reaktion zu den unbewussten Mikroausdrücken, die vom limbischen System im Gehirn gesteuert werden.

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