Gesundheit

Was tun bei Testosteronmangel bei Männern? Experte Dr. Christian Leiber-Caspers klärt auf!

Testeronmangel bei Männern ist ein äußerst wichtiges Thema - und weil das so ist, haben wir uns mit dem Experten Dr. Christian Leiber-Caspers darüber unterhalten.

Dr. Christian Leiber-Caspers
Experte Dr. Leiber-Caspers klärt über Fragen zum Testosteronmangel bei Männern auf Foto: Alexianer-Krankenhaus Maria-Hilf, Krefeld
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Herr Dr. Leiber-Caspers, bei welchen Beschwerden sollten Männer an einen möglichen Testosteronmangel denken?

Dr. Leiber-Caspers: Testosteron gilt als das „Männlichkeitshormon“. Deshalb entwickeln Männer, die unter einem Testosteronmangel leiden, typische Symptome wie sexuelle Unlust und Potenzstörungen, medizinisch Erektile Dysfunktion genannt. Aber es gibt auch untypische Beschwerden, die bei einem Mangel des Hormons auftreten können, wie Antriebsschwäche, Stimmungsschwankungen, oder auch Depressionen oder Burn-out-artige Probleme.

Ab wann ist bei Männern damit zu rechnen, dass der Testosteronspiegel sinkt, und ab wann hat das Krankheitswert?

Dr. Leiber-Caspers: Früher ging man davon aus, dass bei allen Männern ab dem dreißigsten Lebensjahr der Testosteronspiegel natürlicherweise sinkt. Heute wissen wir, dass das nicht so ist. Das Alter stellt zwar einen Risikofaktor für einen Testosteronmangel dar, aber verantwortlich dafür sind in erster Linie die im Alter zunehmenden Begleiterkrankungen. Diese sind dann die Ursache für den Altershypogonadismus, den man auch als funktionellen Hypogonadismus bezeichnet. Ab dem 45. Lebensjahr tritt dieser immer häufiger auf, und bei Männern jenseits der 70 steigt das Risiko auf das Fünffache an. Insgesamt stellt der Hypogonadismus also keine seltene Erkrankung dar.

Könnte man den symptomatischen Testosteronmangel mit seinen Beschwerden als die „Wechseljahre des Mannes“ bezeichnen?

Das Bild von den „Wechseljahren des Mannes“ wabert immer wieder durch die Presse. Der Begriff „männliche Wechseljahre“ sollte aber nicht verwendet werden, denn die Hormonsituation bei Männern im Alter und bei Frauen unterscheidet sich vollkommen. Während sich bei der Frau während der Wechseljahre die Hormonsituation in kurzer Zeit sehr schnell verändert, ist das Absinken des Testosteronspiegels ein langsamer Prozess.

Richtigerweise spricht man deshalb vom männlichen Hypogonadismus, Altershypogonadismus oder funktionellen Hypogonadismus. Zugegeben, ein Teil der möglichen Beschwerden können bei Männern und Frauen ähnlich sein, wie zum Beispiel Stimmungsschwankungen.

Bei welchen Männern sollten Hausärztinnen und Hausärzte, aber auch die Partnerinnen und Partner der Betroffenen aufmerksam werden?

Grundsätzlich sollten alle Männer, bei denen es einen Anhaltspunkt für ein Testosteronmangelsyndrom gibt, diesbezüglich untersucht werden, also Männer mit Potenzstörung, abnehmender sexueller Lust, aber eben auch mit Diabetes, Bluthochdruck, Antriebsschwaäche oder Depressionen. Auch wenn Medikamente gegen Potenzstörungen nicht wirken, kann ein Testosteronmangel dahinter stecken. Es gibt einen Fragebogen, mit dem man die Wahrscheinlichkeit eines Testosteronmangels bestimmen kann, den findest man zum Beispiel unter www.testo-check.de.

Was sogar viele Ärztinnen und Ärzte nicht wissen: Auch bei Schmerzpatienten kann Testosteron eine Rolle spielen?

Ja, das ist richtig. Es gibt eine ganze Reihe von neuen wissenschaftlichen Daten, die zeigen, dass langjährige Schmerzpatienten, die vor allem eine Opioidtherapie benötigen, ein erhöhtes Risiko für ein Testosteronmangelsyndrom haben. Also wäre auch das noch eine Gruppe, an die man denken muss: chronische Schmerzpatienten, die langfristig mit Opioiden behandelt werden.

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Wenn ein Mann einen symptomatischen Testosteronmangel hat, was kann man dagegen tun?

Für die Diagnose muss eine Ärztin bzw. ein Arzt, zum Beispiel der Hausarzt oder Androloge oder Urologe den Testosteronspiegel im Blut messen. Ist dieser wiederholt zu niedrig und der Mann leidet unter Beschwerden, die zum Mangel passen, kann der Arzt eine medikamentöse Therapie verordnen. Diese besteht in der Testosterongabe entweder intramuskulär über Depotspritzen, die der Arzt alle ein bis drei Monate gibt, oder in der Anwendung von transdermalem Testosterongel durch den Patienten selbst. Die Gelpräparate werden in der Regel einmal täglich morgens nach dem Aufstehen aufgetragen.

Was kann ein Mann sonst noch tun, um seinen Testosteronspiegel positiv zu beeinflussen?

Eine allgemein gesunde Lebensführung mit regelmäßigem Sport und die Vermeidung von Übergewicht sind sicherlich wichtige Maßnahmen, die Männer ergreifen können. Testosteron ist sehr stoffwechselaktiv, und alle Lebensstilmaßnahmen, die Übergewicht, Cholesterinerhöhung, Bluthochdruck oder Diabetes verhindern können, tun dem Testosteronspiegel gut – übrigens in jedem Alter.

Was kann eine Partnerin bzw. ein Partner eines möglicherweise von Testosteronmangel betroffenen Mannes tun?

Interessanterweise sind häufig eben auch die Partnerinnen oder Partner mit betroffen, wenn der Mann mit Hormonmangel nur noch lethargisch auf dem Sofa sitzt und keine Lust mehr auf Sex oder andere Alltagsaktivitäten hat. Gerade das Thema Potenzstörung oder mangelnde sexuelle Lust werden häufig tabuisiert, und niemand spricht gerne darüber. Dabei liegt hierin genau die große Chance für die Partnerin bzw. den Partner: Sie/er kann den betroffenen Mann ansprechen und auf die Möglichkeit hinweisen, dass mit einem Testosteronmangel möglicherweise eine Erkrankung vorliegt, die gut behandelbar ist. Das senkt die Hemmschwelle, zum Arzt bzw. zur Ärztin zu gehen.

Herr Dr. Leiber-Caspers, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Dr. Leiber-Caspers  - Foto: Besins Healthcare Germany GmbH

Dr. Leiber-Caspers im Porträt

Dr. Leiber-Caspers ist Urologe und leitet am Alexianer-Krankenhaus Maria-Hilf in Krefeld die Sektion Andrologie. Er ist außerdem Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Andrologie.