Weltfrauentag

Yep, ich bin lesbisch: Männersache-Autorin Mona über ihr Outing

Weg mit der Homo-Heilung, ich bin homo-heilfroh lesbisch zu sein. Von meinem Outing 1996 bis heute war es ein wilder Ritt!

Mona
Yep, ich bin lesbisch: Männersache-Autorin Mona über ihr Outing Foto: Privat
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Eine Lesbe stellt sich vor: Hallo Welt!

1996 habe ich es in die Welt hinausgeschrien: Ich bin lesbisch!

Damals war ich 14 Jahre alt, lebte im bayrischen Großdorf München und vermutlich stand Los Del Rio mit "Macarena" auf Platz 1 der deutschen Single-Charts. Oder "Because You Loved Me" von Céline Dion. Es könnte auch "Lemon Tree" von Fool's Garden gewesen sein – übrigens der einzige Song, der nicht auf meiner bevorstehenden Hochzeit laufen darf, sonst verlasse ich das Fest!

1996 hätte ich als lesbische Frau in Deutschland noch nicht heiraten dürfen, ob mit oder ohne schlechter Musik.

Come out and play!

Das Krasse an meinem Outing war nicht die Enthüllung selbst. Meine Eltern und meine Freunde nuschelten nur "Wussten wir doch schon längst" und akzeptierten mich von Tag eins als Lesbe.

Bei meinen Mädels schloss das sogar das gemeinsame Duschen nach dem Sport mit ein. Ich habe aus lauter Dankbarkeit nicht (übermäßig viel) geguckt, ich schwöre!

Mein älterer Bruder brachte den nötigen Humor mit und lamentierte gespielt dramatisch, dass ihn meine Homosexualität vor ein Problem stelle: Er könne schließlich keinem Mädchen auf die Fresse hauen, sollte mir das Herz gebrochen werden.

So weit, so homo. Die Sache war nur die: Ich hatte damals überhaupt keine Ahnung, wie man "richtig lesbisch" war.

Lesbisch in den 90ern: Hella von Sinnen und wer noch?

1996 war noch nicht einmal Ellen DeGeneres (62), DIE amerikanische Vorzeige-Lesbe, geoutet. In meinem Freundeskreis gab es keine lesbischen Mädchen und sogar auf meiner Schule und in meiner Fußballmannschaft waren ausschließlich Heteros.

Zu wem sollte ich also aufschauen? Hella von Sinnen (61) war damals und ist heute noch eine deutsche Lesben-Ikone, die nie müde wird, sich für die Rechte der LGBTQ+ Community einzusetzen. Heute finde ich sie grandios. Aber als Identifikationsfigur war sie mir damals zu schrill – so bunt, so laut und so extrovertiert war ich mit 14 nicht.

Mein Retter: Der Videomann

Lesben heute haben etwas, von dem ich mit 14 nur träumen konnte: das Internet! Klar, online war man in den 90ern auch schon – zumindest Boris war drin.

Aber das Netz war noch nicht mit rosa Inhalten geflutet. Heute kann man lesbische Musik und mit "Busenfreundin" auch einen lesbischen Podcast hören, lesbische TV-Sendungen streamen, lesbische Literatur lesen und Lesben auf Facebook, Twitter und Instagram folgen.

Ich hatte nur eine Quelle für meine Sehnsüchte: die kleine Videothek in meiner Straße. Dort durfte ich trotz meiner fehlenden Volljährigkeit VHS-Kassetten ausleihen und das tat ich auch. "Bound", "Bound" und nochmal "Bound". Der Thriller über zwei Lesben, die die Mafia aufs Kreuz legen – inklusive ultraheißer Sexszenen! – versüßte mir meine ersten, einsamen Lesbenjahre.

An dieser Stelle: Danke an den Videomann, der auch beim 50. Mal "Bound" ausleihen keinen dummen Kommentar abließ.

Sex mit Männern: Aufregend, aber auch fremd

Nach "Bound" kam meine erste Freundin mit 15/16, mein erstes gebrochenes Herz zwei Monate später und meine ersten Lesbenpartys mit 17.

Um aus dem Nähkästchen zu plaudern: Das mit den Männern habe ich zwischendrin auch probiert. Meine Neugierde war schon immer eine treibende Kraft und weil ich viele gute Kumpel hatte, schien es mir nur logisch, der Sache eine Chance zu geben. Mit 15 hatte ich also einen Freund und bezeichnete mich als bisexuell. Mit 16 Jahren hatte ich das erste Mal Sex mit einem guten Kumpel, ein Jahr später noch einmal mit einem anderen Freund.

Ehrlich: So schlecht war der Sex gar nicht. Spannend, aufregend und neu. Aber eben auch fremd und ohne romantische Gefühle. Nicht, dass zu Sex immer Liebe gehört. Aber schöner ist es schon, wenn der andere einem den Atem raubt.

Das haben Männer bei mir nie ausgelöst. Während ich beim Anblick einer schönen Frau weiche Knie und wirkliche Atemnot bekomme, finde ich Männer meistens einfach nur cool.

Die rote oder die blaue Kapsel?

Ich gebe es ganz offen zu: Die ersten Jahre meines lesbischen Lebens hat mich die gesellschaftspolitische Seite des Ganzen null interessiert.

Ich wollte einfach nur feiern, Frauen lieben und mich nicht verstecken.

Doch die Welt hat sich seit 1996 einige Male gedreht, vor allem in jüngster Zeit. Seit 2017 dürfen homosexuelle Paare in Deutschland heiraten. Seit 2020 ist die sogenannte Homo-Heilung in großen Teilen verboten – die Einschränkungen dieses Gesetzes werden weiterhin scharf diskutiert.  

Doch Fakt ist: Auch heute gibt es Menschen, die ihre Sexualität verstecken müssen. Ob sie das tun, weil das Anderssein in ihrem Land strafbar ist, oder weil sie Angst vor den Reaktionen ihres Umfelds haben, ist zweitrangig. Unsere Gesellschaft hat zahlreiche Schritte in die richtige Richtung gemacht und trotzdem stellt Homosexualität 2020 für manche Menschen immer noch eine Hürde dar.

Intoleranz findet dabei oft in den Zwischenzeilen statt. Als meine Mutter vor Kurzem einer Bekannten erzählte, dass ihre Tochter eine Frau heiraten wird, kam als Antwort:

"Na ja, Lesben heiraten eben, um sich so normal wie möglich fühlen zu können." Äh, nein. Wir heiraten aus Liebe.

Die ständigen Vorurteile und Hürden machen viele Homosexuelle müde. In meinem Freundeskreis diskutieren wir deswegen immer wieder darüber, wer hetero werden würde, könnte man sich frei entscheiden.

Mich erinnert das an "Matrix" (1999), dieser Film, in dem der Hauptcharakter vor die Wahl gestellt wird: Entweder weiter in einer Fake-Welt in Frieden leben – das Äquivalent zu einem heterosexuellen Lifestyle, in dem man nicht mit Vorurteilen zu kämpfen hat – oder den harten Weg gehen und hinter die Fassade blicken – sprich, offen zu seiner Homosexualität stehen.

„Dies ist deine letzte Chance. Danach gibt es kein Zurück. Schluckst du die blaue Kapsel, ist alles aus – du wachst in deinem Bett auf und glaubst an das, was du glauben willst. Schluckst du die rote Kapsel, bleibst du im Wunderland, und ich führe dich in die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus.“
Morpheus in "Matrix"

Ich wähle die rote Kapsel – jeden Tag. In den tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus gibt es nämlich nicht nur dunkle Schatten, sondern hier und da auch prächtige Regenbogen.

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