Verbotene Operationen der Geheimdienste

Uwe Barschel: Welcher Geheimdienst wollte den Tod des Ministerpräsidenten?

Ob Präsidenten, Könige oder Kaiser - für sie alle gilt deshalb die gleiche Regel: Egal, wie mächtig du bist - wenn du überleben willst, leg' dich nie mit einem Geheimdienst an - selbst wenn es der deines eigenen Landes ist.

Beweise am Tatort
Beweis am Tatort Foto: iStock / KatarzynaBialasiewicz

Uwe Barschel: Illegale Waffendeals und Tablettensucht

11. Oktober 1987, Genf. "Wenn ich auspacke, wackelt Deutschland", sagt Uwe Barschel - der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Sein Geheimnis könnte die Bundesregierung stürzen. Was die Öffentlichkeit nie erfahren soll: Die Häfen Schleswig-Holsteins sind in den 70er- und 80er-Jahren der Umschlagplatz für illegale Waffendeals.

Barschel selbst ist in den letzten Monaten tief gefallen. Kurz vor seiner Wiederwahl stolpert er über eine Verleumdungsaffäre - politisch hat er nichts mehr zu verlieren, seine Absetzung ist längst beschlossene Sache. Auch psychisch gilt er als unberechenbar - sein Urteilsvermögen ist wegen einer Tablettensucht stark eingeschränkt.

Für die Geheimdienste ist das eine gefährliche Kombination: Barschel besitzt Insiderwissen über illegale Waffendeals - und ist verzweifelt genug, es zu benutzen. Seine Drohung gleicht einer Kriegserklärung an mehrere Geheimdienste - den deutschen BND, die CIA, die Stasi, den südafrikanischen NIS. Lässt er die streng gehütete Zusammenarbeit verfeindeter Nachrichtendienste beim Handel mit Embargo-Waffen auffliegen, löst er ein Erdbeben aus. Doch so weit kommt es nicht.

Der Tod von Uwe Barschel

Zwei Wochen später und 48 Stunden bevor er aussagen will, ziehen Schweizer Polizisten Barschels Leiche aus einer Badewanne des Luxushotels "Beau-Rivage" in Genf. Diagnose: Selbstmord durch eine Überdosis Tabletten.

Tatsächlich hatte Barschel einen Giftcocktail im Körper - aber den kann er sich nach Experten-Meinung nicht selbst verabreicht haben. Zwei Handtücher mit Dimethylsulfoxid (DMSO) werden neben der Badewanne sichergestellt. DMSO sorgt dafür, dass Wirkstoffe sehr schnell über die Haut aufgenommen werden - und das im Gegensatz zu Spritzen unauffällig.

Toxikologen finden zudem K.O.-Tropfen im Blut des Toten. Ist Barschel vergiftet worden? Seltsam jedenfalls, dass im Hotelzimmer keine Medikamentenpackungen gefunden werden - ebenso verschwindet eine Rotweinflasche, die sich Barschel nachweislich kurz vor seinem Tod liefern lässt. Spuren an der Kleidung und Blutergüsse am Kopf deuten darauf hin, dass es im Hotelzimmer zu einem Kampf gekommen ist. Doch mit wem?

Fragen und weitere Tote

Eine Spur führt direkt zu jenen Geheimdiensten, die über Kiel geheime Waffendeals abwickeln. Ein Informant aus Südafrika sagt später aus, dass Barschel von einem CIA-Mann nach Genf gelockt wurde. Kurz darauf wird er ermordet. Ein von Barschels Familie angeheuerter Privatdetektiv deckt auf: Der BND ist ebenso vor Ort. Auch der Privatdetektiv wird nach kurzer Zeit tot aufgefunden.

Ein deutscher Topagent fliegt mit einer kleinen Privatmaschine in die Schweiz. Für die Todesnacht hatte er eine Zimmerreservierung im "Beau-Rivage". Doch all das wird von den Strafverfolgungsbehörden nicht beachtet. So sind wichtige Fragen bis heute unbeantwortet: Wer tötete den südafrikanischen Informanten kurz nach seiner Aussage? Woran starb der Privatdetektiv - einen Tag bevor er seine Ergebnisse bekannt geben wollte?