Die unheimliche Wahrheit über unsichtbare Laser
Stellen Sie sich vor, es gibt eine Waffe, die man weder hört noch sieht - und die keinerlei Spuren hinterlässt. Einen Laser, der einen Menschen in Hunderten Metern Entfernung treffen kann, ohne dass dieser es überhaupt bemerkt. Das Unglaubliche: Was nach Science-Fiction klingt, gibt es bereits heute ganz legal im Internet zu kaufen - ab 99 Euro.
Es ist ein Albtraum für Autofahrer: Bei Tempo 160 verschwimmt plötzlich das Sichtfeld. Ohne Vorwarnung wird es dunkel. Die Leitplanken, die Fahrbahn und andere Autos sind nur noch schemenhaft zu erkennen.
Bevor der Fahrer reagieren kann, verliert er die Kontrolle. Sekundenbruchteile später rammt das Auto einen Brückenpfeiler. Der Fahrer überlebt schwer verletzt - und obwohl er sich an jedes Detail erinnern kann, hat er keine Erklärung für seine kurzfristige Erblindung.
Auch am Unfallort finden sich keinerlei Hinweise auf die Ursache für den Crash. Und die Bluttests zeigen, dass der Fahrer weder unter Drogen- noch unter Alkoholeinfluss stand. Früher kam nur eine Ursache infrage: ein Blackout.
Seit Kurzem müssen Unfall-Forensiker jedoch zumindest theoretisch eine weitere Möglichkeit in Betracht ziehen: einen Mordanschlag - mit einer Waffe, die keine Spuren hinterlässt.
342 Laser-Attacken
Immer häufiger kommt es zu Laserattacken auf Autofahrer, Lokführer und Piloten. Besonders Fluglinien schlagen jetzt Alarm. So wurden allein in Deutschland im Jahr 2014 342 Laser-Attacken auf Piloten gemeldet.
In den USA waren es im gleichen Zeitraum sogar mehr als 4000. Der gebündelte Lichtstrahl aus den Handlaser-Pointern blendet die Piloten - ausgerechnet in der kritischen Phase von Start und Landung.
Dass diese Attacken noch nicht zu einem Flugzeugabsturz geführt haben, liegt vor allem daran, dass die Piloten den Laserstrahl sehen und rechtzeitig reagieren können. Genau das ist jedoch beim Invisible Infrared Laser nicht mehr möglich.
Aber wie funktioniert diese neue Hightech-Waffe? Was macht sie so unberechenbar? Und wie leicht ist es, einen solchen Laser zu kaufen? Das menschliche Auge sieht Licht im Wellenlängenbereich von 380 Nanometern (nm) bis 780 Nanometer. Ultraviolettes Licht (unter 380 nm) und Infrarotlicht (über 780 nm) können dagegen vom Menschen nicht gesehen werden.
Herkömmliche Laserpointer, deren gebündelte Lichtstrahlen etwa für Diavorträge genutzt werden und die für 20 Euro überall im Handel bestellt werden können, nutzen daher rote Laserdioden mit Wellenlängen von 635-750 nm, ein grüner, gelber oder blauer Lichtstrahl wird durch die Änderung der Frequenz erzeugt.
Die Laser haben im Extremfall eine Reichweite von bis zu 5000 Metern. Trifft dieser Lichtstrahl länger als eine Sekunde auf die menschliche Netzhaut, kann es zu schweren Netzhautverletzungen bis hin zur irreparablen Erblindung kommen.
Besondere Gefahren gehen bei diesen Laserpointern häufig auch von zusätzlicher Infrarot-Strahlung aus, die oft in beträchtlicher Intensität austritt und nicht auf dem Gerät angegeben ist. Allerdings sind Augenschäden extrem selten, da die Bewegung des Lasers, die Bewegung von Auge und Körper sowie der Lidschlussreflex unser Auge schützen.
Der Lidschlussreflex schließt normalerweise das Augenlid innerhalb von 0,25 Sekunden nach Auftreten des Reizes. Aber was, wenn dieser Reflex außer Kraft gesetzt wird, weil das Auge den eintreffenden Laserstrahl gar nicht als solchen erkennt?
Die Invisible Infrared Laser senden ihr Licht auf der Wellenlänge von 1300 Nanometern. Dieses Infrarotlicht ist für das menschliche Auge unsichtbar. Der Lidschlussreflex bleibt aus. Folge: Der Laser erhitzt die Netzhaut und kann bereits nach wenigen Sekunden das Auge beschädigen.
Wird also ein Mensch von einem Invisible Infrared Laser getroffen, merkt er dies daher gar nicht - bis er plötzlich nichts mehr sieht. Diese Erblindung hält je nach Dauer der Erhitzung beziehungsweise der Stärke des Lasers nur wenige Minuten oder für immer an.
Schon 1 mW reicht, um das Auge in weniger als einer Sekunde irreparabel zu beschädigen - wenn das Opfer stillhält. Ein Laser mit 30 bis 40 mW und 5000 Metern Reichweite würde die Netzhaut in 1/10 Sekunde irreversibel schädigen.
Und auch die Quelle des Lasers kann nicht entdeckt werden, da es keinen sichtbaren Lichtstrahl gibt. Keine Spuren, keine Zeugen - Experten wie der Laserschutzbeauftragte Holger Koch warnen seit Langem vor Gefahren durch Infrarot-Strahlung in Lasern. Dennoch gibt es sie ab 99 Euro im Internet zu kaufen. Eine Lizenz oder gar einen Waffenschein braucht man in Deutschland nicht.
Ganz offiziell werben die Hersteller auf Onlineplattformen damit, dass ihre Pointer, etwa der Beamshot NightStalker, in jede Hosentasche passen, die Reichweite bis zu 3000 Meter beträgt und dass die gebündelten Laserstrahlen nicht registriert werden können. Es klingt wie die Werbung für die perfekte Mordwaffe.
Plötzlich blind bei Tempo 160
Ohne Spezialbrille sind sogenannte Infrared Laser für das menschliche Auge unsichtbar. Dennoch können sie innerhalb weniger Sekunden ihr Opfer erblinden lassen. Vor allem für Autofahrer könnten diese Laser, wenn sie länger als 0,25 Sekunden auf das Auge treffen, zur tödlichen Gefahr werden.
Wie schädlich ist ein IR-Laser?
Die Gefährlichkeit der Infrarot-Laser (IR-Laser) liegt in ihrer Unsichtbarkeit. So könnte man sehr lange einer IR-Bestrahlung ausgesetzt sein, ohne dass man es bemerkt. Dabei kann es zu erheblichen Schäden an der Netzhaut kommen.
Sogar eine vollständige Erblindung ist möglich. Das macht den IR-Laser zu einer unberechenbaren Waffe. "Mir fällt kein sinnvoller Anwendungsfall für Privatpersonen ein. Schon der Besitz von IR-Lasern sollte strafbar sein", sagt deshalb der Lasertechniker Holger Koch.
Wie gefährlich sind Laser für den Luftverkehr?
Sichtbare Laser gibt es für unter 20 Euro im Internet zu kaufen. Sie stellen vor allem ein hohes Risiko für den Luftverkehr dar. Selbst in 3500 Metern Höhe kann ein Laserstrahl vom Boden die Piloten stören.
Bei einer Entfernung von 110 Metern können Laserstrahlen die Piloten sogar kurzzeitig blenden. Zielt man absichtlich mit einem Laser auf ein Cockpit, so begeht man einen "gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr". Dieser Verstoß wird mit Freiheitsentzug von bis zu zehn Jahren bestraft.